Systemische Therapie
Die therapeutische Grundhaltung im Systemischen Arbeiten beinhaltet:
Eine Kultur des Verstehens, Wertschätzung der Menschen die uns aufsuchen, den Respekt vor unterschiedlichen Geschichten, den Mut die Dinge so zu benennen, dass eingefrorene Zuschreibungen verflüssigen und neue Perspektiven entstehen, ein offenes Zuhören ohne Beurteilung.
Systemische Familientherapie: Kundenorientiert
Kundenorientierung bedeutet hier, dass das Angebot der Therapie genaustens auf die „kundige“ Nachfrage des Kunden abgestimmt wird. Nicht ich als Therapeutin sage Ihnen, was Sie zur Lösung Ihres Problems benötigen, sondern Sie sagen mir welches subjektive Bedürfnis sie haben und wie ich Sie dabei begleiten kann.
Systemische Familientherapie: Ressourcen- und lösungsorientiert
Die Systemische Familientherapie ist ressourcen- und lösungsorientiert. Sie geht von der Annahme aus, das jedes System bereits über alle Ressourcen verfügt, die es zur Lösung seiner Probleme braucht – es kann sie nur im Moment nicht adäquat nutzen. Um die Fähigkeiten und Ressourcen eines Menschen, eines Paares, einer Familie oder eines Teams aufzufinden, braucht es nicht vordergründig die Beschäftigung mit dem Problem, sondern der Schwerpunkt und Fokus liegt auf der Konstruktion von Lösungen.
Systemische Familientherapie: „Handle stets so, dass du die Anzahl der Handlungsmöglichkeiten vergrößerst“
Diese ethische Grundhaltung hat Konsequenzen für die Praxis und zwar dergestalt, dass alle Einschränkungen der Möglichkeiten wie Tabus, Dogmen, Denkverbote, Richtig-/Falsch-Bewertungen, Respektlosigkeit gegenüber sich selbst und anderen, dem systemischen Arbeiten entgegen stehen. Die Chance sein Handlungsvermögen zu erweitern kann sehr vielFreude bringen, wenn man Gewusstes in Frage stellt und kaum Gedachtes zum Thema machen darf.
Methoden Systemischer Arbeit:
Die Basisdokumentation ist das Genogramm. Es dient der übersichtlichen Darstellung von komplexen Informationen über Familiensysteme. Man benutzt dazu eine Zeichensprache, mit bestimmten Symbolen für die Menschen und Lebensstationen, die sie durchlaufen. Ein Genogramm umfasst in der Regel bis zu drei Generationen, ausgehend von der Herkunftsfamilie beziehungsweise der Familie der/des Ratsuchenden.
Aufgenommen werden Fakten wie:
- Name, Vorname, Alter, Geburtsdatum, evtl. Todesdatum
- Datum der Heirat, evtl. des Kennenlernens, Daten von Trennung und Scheidung
- Wohnorte, Herkunftsorte der Familie, Ortswechsel
- Krankheiten, schwere Symptome, Todesursachen
- Berufe
Darüber hinaus können sogenannte „weiche“ Information hinzugefügt werden:
- drei Eigenschaften, die der Person zugeschrieben werden
- sogenannte „Glaubenssätze“ aus der Kindheit
- Begriff für die jeweilige Familienatmosphäre
- Hinweise auf bestimmte Streitfragen in der Familie
- Tabus, „Weiße Stellen“, von wem ist nichts überliefert, worüber wurde nicht gesprochen?
Das Wertvollste der Genogrammarbeit sind die Geschichten, die zum Genogramm erzählt werden. Sie bilden den Hintergrund für ein neues Verständnis der Gegenwart.
Vor dem Hintergrund des Genogramms arbeitet der systemische Ansatz mit der Hypothesenbildung.
Das Hypothetisieren dient der Frage nach der Rolle innerhalb eines Systems, wo lassen sich Konfliktlinien, Allianzen oder Koalitionen erkennen, wer hat die Macht, wo liegen die Leichen im Keller, wer sind die „Gespenster“, wo sind schicksalshafte Verstrickungen, wo sind die Ressourcen eines Systems?
Systemisches Fragen:
Das zirkuläre Fragen bezieht die Menschen aufeinander, es wird nicht nur Information gewonnen sondern auch geschaffen. Die Art der Informationssammlung fragt nach Verhaltens – und Beziehungsmustern, nicht nach dem Problem als Sache. Symptome, Krankheiten oder Probleme sind Prozesse, die sich durch Handlungen und Kommunikationen bilden.
In den offenen Fragen stecken Aussagen, die das System dazu anregen, die Dinge aus der Sicht des anderen oder einer völlig neuen Perspektive als nur der eigenen zu sehen. Über die zirkuläre Fragetechnik:, „Was denkst du was dein Freund über dein Agieren gegenüber deiner Freundin denkt?“ , erhalten die Beteiligten die Anregung für neue Denkprozesse.
Frageformen:
Was, wer, wie, wann dienen der Vertiefung von Informationsaustausch, darüber hinaus arbeitet die systemische Therapie mit Unterscheidungs-, (Besser oder schlechter) Skalierungs-, ( Auf einer Skala von... bis wie gefühlt) Klassifizierungs-, (Rangordnung), Prozent- ( Verbesserung um wie viel Prozent), Übereinstimmungs- ( Sehen sie das genauso wie....) und vergleichenden Fragen.
Familienskulpturen:
Die Methode der Familienskulptur ist eine erlebnisintensivierende Form der systemischen Therapie. Es besteht die Aufgabe (Inside-Out-Perspektive), die Beziehungen der Familie oder anderer Systeme in Haltung und Position darzustellen. Man kann die Skulptur mit Gegenständen, besser aber mit Menschen als Rollenspieler/Innen bauen. Dadurch entsteht ein ganzheitlicher Zugang zu der Komplexität der Systeme auf verschiedenen Ebenen. Wir sprechen von einer sogenannten symbolischen Repräsentation der Beziehungen innerhalb eines Systems. Der/die Skulpturenbauer/in formt sowohl Gestik, Mimik der symbolischenStellvertreter/innen und gibt ihnen einen bestimmten Satz, der sich für die gegenwärtige Situation eignet. Die Rolleninhaber/innen werden vom Skulpturbauer/in in die aus seiner/ihrer Sicht gegenwärtigen Beziehungen zueinander gestellt.
Grundelemente der Skulpturarbeit:
- Räumlicher Abstand als Symbol für emotionale Nähe oder Distanz
- Oben/ unten als Symbol hierarchischer Strukturierung
- Mimik und Gestik als Ausdruck differenzierter Familien-/Systemstrukturen
- Einzelne Sätze
Der/die Skulpturenbauer/in unter Verwendung der Grundelemente probiert aus, verändert solange bis die Skulptur für sie/ihn stimmig ist. Die Rollenspieler verharren in ihren Positionen und nehmen die Empfindungen wahr, die sich bei ihnen einstellen. Die Gefühle, Impulse zu Veränderung der Position sowie Alternativskulpturen werden dann zum zentralen Gegenstand für eine intensive Auseinandersetzung mit der „Ist-kulptur“und einer in der Regel anknüpfenden „Wunschskulptur“, mit dem Focus, dass sich alle Beteiligten in ihren veränderten Positionen besser fühlen.
Diese standardisierte Form der Skulpturarbeit kann in der Erweiterung ergänzt werden durch:
Outside-In-Persepktive:
Therapeut/in gibt über eigenes Bild innerhalb der Skulptur Rückmeldung an das System.
Simultan-Skulptur:
jedes Systemmitglied platziert sich so im Raum wie es seine Beziehungen zu den übrigen Systemmitglieder derzeit sieht.
Austausch
eines Mitglieds des Systems durch z. Beispiel einen Co-Therapeuten, ermöglicht, dass der Ausgetauschte über die Empfindungen und Impulse auf der Position leichter sprechen kann.
Einbezug
von Gegenständen, Schnüren, Bändern, Metaphern oder Überschriften für die Skulptur kann die Situation verstärkt unterstreichen und verdichten.
Externalisierung eines Problems
„Das Problem ist die Lösung“
Sprachlich wird zwischen dem Problem und der persönlichen Identität des Klienten unterschieden um damit das Muster der Beschreibungen zu verstören, über die das Problem aufrecht erhalten und stabilisiert wird. Herkömmlich wird die Person mit dem Problem identifiziert und somit ist die Person die Störung oder das Problem. Bei Kindern als Symptomträger eines Systems, spreche ich gerne vom „Rumpelstilzchen“, dass dann und wann in Aktion tritt. Also nicht das Kind selbst ist der Übeltäter, sondern das „kleine Männchen“ in ihm. In der Externalisierung des Problems wird es einfacher, die Vorzüge eines bestimmten Verhaltens herauszuarbeiten und nicht immer nur das Defizitäre zu sehen und zu verurteilen.
In diesem Zusammenhang bietet es sich an, Metaphern, analoge Geschichten, Witze einzubauen.
Umdeutung – Reframing
Bei dieser systemischen Methode gibt man einem Geschehen oder auch dem Verhalten einer Person einen anderen Sinn indem man es in einen anderen Rahmen oder Bezug stellt. Dieser neue Rahmen gibt dem Geschehenen oder dem Verhalten eine völlig andere Bedeutung. Die Qualität oder die Bewertung eines Geschehens, eines Verhaltens hängt immer von sogenannten „Kontextmarkierungen“ ab. Der Satz: „Wenn ich dich erwische, werfe ich dich raus!“ hat im Zusammenhang eines „Mensch ärgere dich nicht Spieles“ eine ganz harmlose Bedeutung, wie wenn ein wütender Vater, der seinem Sohn das Geldstehlen aus seinem Geldbeutel unterstellt, den selben Satz sagt. Der Kontext des Satzes ist grundverschieden und wird noch markiert über Gestik, Mimik, Stimme. Über diese Ausdrucksformen geben die Menschen einem Geschehen einen sozialen Sinn und qualifizieren dadurch ihre Kommunikation. Der soziale Sinn ist der Rahmen der bestimmt, wie eine Äußerung verstanden werden soll. Ein veränderter Rahmen kann die Bedeutung einer Kommunikation gänzlich verändern, auch wenn der Inhalt sich nicht ändert. Ein Beispiel hierfür ist der folgende Witz:
Es treffen sich zwei Rechtsanwälte. Fragt der eine: „ Wie geht`s?“, sagt der andere: „Schlecht! Ich kann nicht klagen!“
Eine umgangssprachliche Alltagsäußerung wäre die gängige positiv erlebte Kontextmarkierung, in einen juristischen Rahmen gesetzt bedeutet das „Ich kann nicht klagen“, jedoch etwas Negatives, nämlich keine Arbeit.
Die Rahmen der Menschen, die in die Therapie kommen sind in der Regel nicht lustig und daher geht es in der systemischen Arbeit darum, gemeinsam mit den Hilfesuchenden herauszufinden, in welchen Kontext wir ein Problem stellen können, damit es einen konstruktiven Sinn macht, bzw. vielleicht sogar die beste Lösung darstellen kann.
Die etwas andere Sicht der systemischen Denkweise ermöglicht das Denken weg vom Ursache-Wirkung-Prinzip, hin zu prozeßhafter, lösungsorientierter Betrachtung und Bearbeitung eines Problems.
Die Logik der Umdeutung bedeutet:
- Jedes Verhalten macht Sinn, wenn man den Kontext kennt.
- Es gibt keine vom Kontext losgelösten Eigenschaften einer Person.
- Jedes Verhalten hat eine sinnvolle Bedeutung für den Zusammenhang des Gesamtsystems.
- Es gibt nur Fähigkeiten. Probleme ergeben sich manchmal daraus, dass Kontext und Fähigkeit nicht optimal zueinander passen.
- Jeder scheinbare Nachteil in einem Teil des Systems zeigt sich an anderer Stelle als möglicher Vorteil.
Zwei Beispiele für eine Unfähigkeit, die in eine besondere Fähigkeit umdefiniert wird:
„Sie schaffen es, ihrem Hunger nicht nachzugeben, sondern zu fasten, egal wie schwer das manchmal fällt. Dadurch zeigen Sie eine enorme Willensstärke“ (Magersucht)
„Es gelingt dir, deinen Mund zu halten, wenn du siehst wie Mutter und Vater sich verbal beleidigen und verletzen. Dadurch gehst du mit gutem Beispiel voran, bist lieber still als es deinen Eltern gleich zu tun“ (Mutismus)
Das therapeutische Umdeuten soll einen prägnanten Unterschied zur bisherigen Sichtweise darstellen. Die wichtigste Funktion des „Reframing“ ist die Verstörung der bisherigen Sicht der Dinge. Wenn man alles auch anders sehen kann, es vielleicht sogar ganz anders ist, kann schon viel dafür getan sein, dass das Geschehene oder ein festgefahrenes Verhalten nicht mehr so rigide und starr problemorientiert erlebt wird wie in der Vergangenheit.
Inhalte der Schlussintervention
Anerkennung, Umdeutung und Verwirrung sowie konkrete Handlungsvorschläge.
Bei den Handlungsvorschlägen lassen sich drei markante Formen unterscheiden:
- Mehr desselben tun, bedeutet einerseits das bestehende Problem aufrecht zu erhalten, anderseits die im Reframing aufgezeigten Vorteile zu erhalten. Die Aufforderung mehr desselben zu tun, spitzt das Problemmuster zu und hält der Familie einen Spiegel vor. DerVorschlag erscheint absurd. gleichzeitig kann es die Familie erleichtern, eine Entscheidung zu treffen ob sie sich mit ihrem Verhalten weiter quälen wollen oder nicht.
- Etwas zu unterlassen, beinhaltet das Konzept der Musterunterbrechung. Handlungen sollen unterlassen werden, die bislang tragende Säulen des Musters waren. Diese Form der Intervention steuert am ehesten auf eine Phase der Instabilität und Fluktuation eines Systems zu. Durch die Unterbrechung soll die Kreativität freigesetzt werden, die für die Entwicklung etwas Neuem notwendig ist.
- Etwas Neues ausprobieren, bedeutet Raum geben zum Experimentieren. Eine langsame Vorgehensweise ist angezeigt, da Neues auch angst machen kann. Man kombiniert Vertrautes mit Neuem, lässt zunächst über das Neue phantasieren, träumen. Eine Variante kann sein, dass das bisherige Verhalten nur an manchen Tagen Erneuerung erfährt. Dadurch kann ein System mit ungelösten Ambivalenzspannungen entlastet werden.
Rituale
Rituale dienen der Zusammenfassung, der Verdichtung und Zuspitzung dessen was als Geschehen schon vorhanden ist. Rituale drücken sich systemischtheoretisch als symbolische Redundanzen (Über das Notwendige hinausgehend) aus. Sie sind eine nonverbale, machtvolle Sprachform. Die Funktion von Ritualen ist, die Aufrechterhaltung einer Ordnung, die Bestätigung dessen was ist. Man kann Rituale auch als Einführung und Verdeutlichung von Veränderungen nutzen.
Rahmenbedingungen:
Zeitrahmen: Flexibel und endlich
Ausgehend davon, dass innerhalb einer systemischen Therapie die entscheidenden Prozesse nicht während den Sitzungen geschehen, sondern zwischen den Sitzungen, bedeutet dies, je nach dem Veränderungstempo des Systems zu entscheiden, in welchen Abständen man sich trifft. Das Motto für die Sitzungen selbst ist, impulsgebend Veränderungen anzustoßen, nicht aber durchzuarbeiten. So können die Sitzungen wöchentlich, 14-tägig oder in noch längeren Zeitabständen stattfinden.
Das Zeitfenster einer „lang angelegten systemischen Kurzzeittherapie“ geht zunächst von einem Jahr Begleitung aus. Dieses Zeitfenster kann je nach Bedarf unddem ressourcenorientiertem Autonomiebestreben der Ratsuchenden modifiziert werden. Der Zeitrahmen kann auch verkürzt werden, wenn sich die Ratsuchenden befähigt wissen ihren Weg wieder allein weitergehen zu können.
Festzuhalten ist, dass die Gesamtdauer abhängig von den inhaltlichen Themen ist und mit den Ratsuchenden variabel und flexibel vereinbart wird.
Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit der sogenannten „Single Session Therapie“
Auch einzelne Beratungsgespräche sind möglich und effizient. Der Kontrakt für einzelne Beratungsgespräche kann beinhalten, dass die Ratsuchenden sich bei Bedarf wieder melden können.
Settings:
Die Zusammensetzung der Personen innerhalb einer systemischen Therapie kann ganz unterschiedlich aussehen. Es wird mit den einzelnen Menschen, Kinder, Erwachsene, mit Paaren, mit ganzen Familiensystemen, „Patchworkfamilien“, (Stieffamilien) gearbeitet.
Darüber hinaus werden auch nicht Anwesende miteinbezogen, sofern es die Situation erfordert. Hier ist es dann sinnvoll, die Nichtanwesenden symbolisch zu visualieren (leerer Stuhl, Gegenstand)
Welche Anliegen können für in einer systemischen Therapie relevant sein:
- akute oder chronifizierte persönliche Krisen wie Beziehungskonflikte, Kontaktstörungen privat und im Beruf, Trennung, psychosomatische Beschwerden, Krankheit, Tod
- Familienkonflikte, Erziehungsfragen